10.12.2019

Auf dünnem Eis

Langsam wächst auch in Island die Erkenntnis, dass der Klimawandel keinen Bogen um die Insel machen wird. Im September hat Islands Regierung daher einen Nationalen Klimaschutzplan veröffentlicht. Das Ziel: schädliche Treibhausgase verringern.

 

Gletscherzunge im isländischen Nationalpark Skaftafell. Bild von Robert Bye auf Unsplash.
Die Gletscher schmelzen - Zeit zu handeln. © Robert Bye auf Unsplash.

 

Wer sich im isländischen Wald verirrt, muss nur eines tun: wieder aufstehen. Der beliebte Witz hat einen ernsten Hintergrund: Bevor die Wikinger kamen, war Island zu einem Viertel bewaldet; doch die neuen Siedler holzten in kürzester Zeit fast alle Bäume ab – Häuser und Weiden mussten her.

 

Von dem Raubbau haben sich die Wälder nie mehr erholt. Die wenigen, die es noch gibt, sind überschaubar (siehe oben).

 

Mit 0,5% der Fläche ist Island heute das am geringsten bewaldete Land Europas.

 

Zwar gab es wiederholt Versuche, neue Waldgebiete anzulegen. Aber im rauen Klima, bei Kälte und Wind, wachsen Bäume nur langsam. Keine Vegetation schützt den Boden vor Erosion, er kann kein Wasser halten; das Land verödet und wird unfruchtbar.

 

Klimawandel macht um Island keinen Bogen

 

Langsam wächst auch in Island die Erkenntnis, dass der Klimawandel keinen Bogen um die Insel machen wird. 

 

Zwar ist das Land europäischer Vorreiter, wenn es um den Ausbau erneuerbarer Energien geht; Strom und Wärme werden zu 100% über Wasserkraft und Geothermie produziert – dank heißer Dämpfe und heißem Wasser aus vulkanischen Erdschichten.

 

Aber mit Klimaschutz hatte dies bislang wenig zu tun – vielmehr ging es darum, Kosten und Energie-Importe zu senken.

 

Rund 70% des erzeugten Stroms werden von der Schwerindustrie verbraucht, vor allem zur Herstellung von Aluminium. Für jede Aluminiumschmelze muss ein neues Wasserkraftwerk errichtet werden.

 

Erster Gletscher für "tot" erklärt

 

Die Folgen für die Natur sind verheerend. Erstmals hat Island in diesem Sommer einen der mehr als 300 Gletscher auf der Insel offiziell für „tot“ erklärt. Weltweit verlieren Gletscher pro Jahr rund 335 Milliarden Tonnen Eis.

 

Neben dem Anstieg des Meeresspiegels, der die Hauptstadt Reykjavı́k treffen würde, bereitet Island auch die Abschwächung des Golfstroms Sorge. Denn die Erwärmung führt schon jetzt dazu, dass einige Fischsorten seltener werden.

 

Islands Regierung will den Klimaschutz stärken. Im September 2018 hat sie einen nationalen Plan zum Klimaschutz veröffentlicht: Er erklärt Aufforstung zu einer Priorität, um Treibhausgase zu verringern.

 

Im ganzen Land gibt es inzwischen Baumschulen. Das Ziel: mit Millionen Setzlingen neue Wälder anzulegen. 

 

 

Dieser Text ist zuerst im DIG-Newsletter 2019 erschienen. 


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