19.04.2023

Wie Island die Welt verändert hat

In seinem unterhaltsamen Buch Island. Die großartige Geschichte eines kleinen Landes nimmt uns Egill Bjarnason mit auf eine abenteuerliche Reise durch die Jahrhunderte und zeigt, welche Fußabdrücke die Inselnation auf der Weltkarte hinterlassen hat.

 

Skulptur "Sonnenfahrt" des isländischen Künstlers Jón Gunnar Árnason. Bild von Luke Tanis auf Unsplash.
Ob die Entdeckung Nordamerikas oder die Französische Revolution: Island hat Weltgeschichte gemacht. © Luke Tanis auf Unsplash.

 

Neil Armstrong hat die Mondlandung in Nordisland geübt. Zwei Jahre vor seinem Schritt, der die Welt veränderte, war der angehende Raumfahrer zum Feldtraining auf der Vulkaninsel. Ein Geologie-Crashkurs für den Astronauten in spe – Islands Mondlandschaft machte es möglich.  

 

Wie in der Raumfahrt hat die Inselnation viele Fußabdrücke in der Weltgeschichte hinterlassen. In seinem unterhaltsamen Buch Island. Die großartige Geschichte eines kleinen Landes nimmt uns der Journalist Egill Bjarnason mit auf eine abenteuerliche Reise durch die Jahrhunderte.

 

Beginnend mit der Besiedlung des abgelegenen Eilandes im Nordatlantik schildert er in neun chronologisch angelegten Kapiteln die zentrale Rolle Islands bei wichtigen historischen Ereignissen. Ob die Entdeckung Nordamerikas, die Französische Revolution oder die Gründung Israels – die kleine Insel hat Weltgeschichte gemacht.

 

Abenteuerlustige Wikinger und amerikanischer Schutz

 

Bremerinnen und Bremerhavener wissen es natürlich: Nicht Christoph Kolumbus entdeckte die Neue Welt, sondern Leif, „der Glückliche“. Fast 500 Jahre vor dem Italiener segelte der abenteuerlustige Wikinger als erster Europäer Richtung Neufundland – kehrte dann aber doch lieber in die Heimat zurück. In der Bremer Böttcherstraße erinnert heute eine Tafel am Glockenspiel an den berühmten Ozeanbezwinger.

 

Im Zweiten Weltkrieg waren es die Amerikaner, die Island für sich entdeckten. Sie nutzten die Insel als natürliche Festung gegen die deutsche Kriegsmarine – und vereitelten damit die geplante Landeoperation der Wehrmacht im Nordatlantik, Deckname Ikarus.

 

Egill Bjarnason, der für die Nachrichtenagentur AP aus Island berichtet und für internationale Medien wie die New York Times oder den National Geographic schreibt, kennt viele solcher Geschichten. Als langjähriger Auslandskorrespondent in Afghanistan, Uganda und Westafrika weiß er zudem, wie er Interesse wecken und seine Leserschaft fesseln kann.

 

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Und so ist die Lektüre ebenso spannend wie kurzweilig. Bjarnason reiht überraschende Episoden und skurrile Begebenheiten wie Perlen an einer Schnur aneinander. Doch er verliert sich nicht in Anekdoten, sondern zeigt anhand prägnanter Beispiele historische Entwicklungslinien auf.

 

Etwa wenn er erzählt, wie die Partie zwischen dem sowjetischen Schachweltmeister Boris Spasski und seinem US-amerikanischen Herausforderer Bobby Fischer 1972 zum Kalten Krieg auf 49x49 Zentimetern wurde oder der Abenteurer Jörgen Jörgensen im kurzen Sommer 1809 zum König von Island – mehr als 100 Jahre vor der isländischen Unabhängigkeit von Dänemark.

 

Neben epochalen Ereignissen wie der Entdeckung Nordamerikas oder dem Gipfeltreffen zwischen Ronald Reagan und Michail Gorbatschow 1986 in Reykjavík widmet sich Bjarnason auch weniger bekannten Episoden der Geschichte. Oder wussten Sie, dass der Ausbruch des Vulkans Laki am 8. Juni 1783 die Französische Revolution auslöste?

 

Das Beispiel illustriert, wie eng Islands Entwicklung mit der Weltgeschichte verknüpft ist. Wie ein gesellschaftliches Labor nahm die kleine Insel soziale Prozesse vorweg, wie die Wahl von Vigdís Finnbogadóttirs zum ersten weiblichen Staatsoberhaupt der Welt 1980 belegt.

 

Wegmarken, die Island bis heute prägen

 

Und es griff neue Strömungen wie den in ganz Europa aufkeimenden Nationalismus auf, wie Jörgensens kurzer Sommer der Revolution 1809 in überaus amüsanter Weise zeigt.

 

Bjarnason konzentriert sich auf jene Wegmarken, die Islands Identität bis heute prägen: das spannungsvolle Verhältnis zur Schutzmacht USA, die Vorreiterrolle der Inselnation in der Frauenpolitik, ihr Selbstverständnis als neutraler Mittler – und zeigt so, wie Island zu dem Land geworden ist, das es heute ist.

 

Dabei verbindet der Autor das Selbstbewusstsein einer kleinen Nation mit einem wohltuend kritischen Blick und spart auch weniger glamouröse Seiten wie Islands tiefen Fall in der internationalen Finanzkrise 2008 nicht aus.

 

Nach der Lektüre steht fest: Ohne Island wäre die Geschichte anders verlaufen. Und Weltraumpionier Neil Armstrong hätte es womöglich niemals auf den Mond geschafft.

 

 

Text: Nicole Maschler

 

 

Egill Bjarnason

Island - die großartige Geschichte

eines kleinen Landes

Wie eine winzige Insel mitten im Atlantik

die Welt über Jahrhunderte geprägt hat

 

FBV Verlag München 2022

310 Seiten



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