01.04.2023
Mit dem Aus für die Gratiszeitung Fréttablaðið verändert sich die isländische Medienlandschaft. 100 Beschäftigte verlieren ihren Job. Der Verlag begründet den drastischen Schritt mit dem schwierigen Marktumfeld in Krisenzeiten und spart nicht mit Kritik an der Politik.
Die isländische Zeitung Fréttablaðið und der Fernsehsender Hringbraut werden mit sofortiger Wirkung eingestellt. Laut dem staatlichen Rundfunksender RÚV verlieren 100 Mitarbeitende ihren Job.
Die 2001 gegründete Tageszeitung Fréttablaðið war das auflagenstärkste Blatt Islands. Sie stand politisch der sozialdemokratischen Allianz (Samfylkingin) nahe und vertrat einen pro-europäischen Kurs.
Die Zeitung im Tabloid-Format mit einer Auflage von 80.000 Exemplaren (Stand: Januar 2020) wurde zunächst kostenlos an alle isländischen Haushalte verteilt und finanzierte sich komplett über Anzeigen.
Doch mit Beginn der Pandemie schrumpfte der Werbemarkt dramatisch, so dass die Verteilung aus Kostengründen zuletzt nur noch über Supermärkte, Tankstellen und Einkaufszentren erfolgte.
Mit dem Aus für Fréttablaðið gibt es in Island nur noch eine landesweite Tageszeitung, das Morgunblaðið.
Harsche Kritik der Geschäftsführung
Die Geschäftsführung des Fréttablaðið begründete den Schritt mit dem schwierigen Marktumfeld durch die zunehmende Konkurrenz von Online-Medien sowie den Folgen der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges, der zu drastischen Preissteigerungen geführt habe.
Zwar habe es staatliche Zuschüsse für private Medien gegeben; diese seien aber nicht ausreichend gewesen, um am Markt zu bestehen.
Zudem kritisierte die Geschäftsführung unfaire Wettbewerbsbedingungen und verwies auf die steuerfinanzierten Zuschüsse für den staatlichen Rundfunksender RÚV, der im Werbegeschäft mit privaten Medien konkurriere. Trotz zahlreicher politischer Versprechen habe sich daran bis heute nichts geändert.
Fréttablaðið gehörte ursprünglich dem Medienunternehmen 365 Medien (365 miðlar). 2019 verkaufte dieses alle Anteile an der Tochtergesellschaft Torg efh. an eine Investorengruppe um Helgi Magnússon. Diese hatten laut RÚV zuletzt angekündigt, das operative Geschäft der Tageszeitung Fréttablaðið und des Fernsehsenders Hringbraut zusammenzulegen.
Jetzt kündigte die Geschäftsführung an, die Online-Ausgaben von hringbraut.is sowie DV.is weiterführen zu wollen. Zudem hält sie an dem Plan fest, einen Informationsservice namens Iceland Magazine herauszugeben.
Ähnliche Beiträge