26.11.2022

Die Schuld der Toten

Mit Wand des Schweigens hat Arnaldur Indriðason erneut einen Krimi vorgelegt, der unter die Haut geht. Bei seinen Nachforschungen stößt Ex-Kommissar Konráð auf einen düsteren Fall um Gewalt und Missbrauch – und steht schon bald im Zentrum der Ermittlungen.

 

Hausfassade in Reykjavík. Bild von Annie Spratt auf Unsplash.
Ein Haus, ein Toter und eine düstere Geschichte: "Wand des Schweigens" © Annie Spratt auf Unsplash.

 

Hinter einer Wand liegt der Ort des Verbrechens – und auf eine Mauer stößt auch Konráð bei seinen Nachforschungen.

 

Wand des Schweigens ist der mittlerweile vierte Teil der Reihe um den pensionierten Kommissar Konráð. Der Band stand wochenlang auf Platz 1 der isländischen Bestseller-Liste. Zu Recht.

 

Denn Arnaldur Indriðason hat erneut einen Kriminalfall vorgelegt, der unter die Haut geht. Es geht um Gewalt, Missbrauch und die Schatten der Vergangenheit. Wie schon in den früheren Bänden der Reihe verwebt Indriðason  in Wand des Schweigens mehrere Erzählstränge.

 

Konráð begleitet Eygló nur widerwillig zu dem Haus, das sie vor vielen Jahren schon einmal betreten hat und in dem sie sich sofort unwohl fühlte.

 

Ihre Väter waren einst befreundet; gemeinsam haben sie Menschen ausgenutzt, die sich dem „Seher“ anvertrauten. Eygló hat die Fähigkeiten ihres Vaters geerbt, doch Konráð glaubt nicht an Übersinnliches.

 

Lieber will er herausfinden, was es mit dem Abzeichen auf sich hat, das in einem der Räucheröfen im Schlachthof an der Skúlagata gefunden wurde – dort, wo vor beinahe einem halben Jahrhundert sein Vater starb.

 

Aber schon bald muss Konráð feststellen, dass beide Fälle miteinander zusammenhängen.

 

Doch welche Rolle spielte dabei ein angesehener Arzt, der Fotos von einem Missbrauch in seinem Haus versteckte, die bei einem Einbruch abhandenkamen?

 

Der Mann setzte damals alles daran, die kompromittierenden Bilder wiederzubekommen. Scheute er auch vor einem Mord nicht zurück?

 

Konráðs Alleingänge erwecken Misstrauen

 

Konráð nimmt Kontakt zu dem Sohn des Verstorbenen auf, den er vor Jahren wegen Beihilfe ins Gefängnis gebracht hat – und überschreitet dabei wiederholt selbst die Grenzen.

 

Etwa wenn er dem Sohn des mutmaßlichen Täters Tabletten besorgt, um im Gegenzug an Informationen zu gelangen, oder dessen Haus durchsucht, um belastendes Material zu finden.

 

Mit seinen Alleingängen weckt Konráð das Misstrauen seiner einstigen Kollegen – und unversehens steht er im Zentrum der Ermittlungen. Warum hat er wichtige Informationen zurückgehalten? Wusste er vom Missbrauch an seiner Schwester Beta und nahm er dafür Rache?

 

Während Konráð fieberhaft versucht, den Mord an seinem Vater aufzuklären, wird in Rückblenden nach und nach enthüllt, was sich vor Jahrzehnten in dem Keller zugetragen hat.

 

Auch in diesem Fall geht es um Gewalt in der Familie, um Notwehr und ihre Grenzen, und einmal mehr stellt sich die Frage, wer Täter ist und wer das Opfer.

 

Die Schuld verfolgt das Paar bis heute, und auch Konráð lässt der Mord an seinem Vater nicht los. Die Vergangenheit – sie ist immer gegenwärtig. Ein Motiv, das sich wie ein roter Faden durch alle Kriminalromane Indriðasons zieht.

 

Am Ende ist zwar der Mord im Keller aufgeklärt, aber wer Konráðs Vater umgebracht hat, bleibt weiter offen.

 

Eine gute Nachricht für alle Fans der Reihe.

 

 

Text: Nicole Maschler

 

 

 

Arnaldur Indriðason

Wand des Schweigens

Bastei Lübbe Verlag 2022

400 Seiten

Bisher in der Kommissar Konráð-Reihe erschienen:

 

 

Band 1:

Verborgen im Gletscher (Mykrið veit)

Bastei Lübbe Verlag Köln 2019, 365 Seiten

 

Band 2:

Das Mädchen an der Brücke (Stúlkan hjá brúnni)

Bastei Lübbe Verlag Köln 2020, 380 Seiten

 

Band 3:

Tiefe Schluchten (Tregasteinn)

Bastei Lübbe Verlag Köln 2021, 400 Seiten 



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