12.05.2023

Ein dicker Fisch an der Angel

Bei der isländischen Biotech-Firma Kerecis dreht sich alles um den Dorsch. Mit einem Transplantat aus Fischhaut will das Unternehmen die Medizin revolutionieren und hat dafür jetzt den Nordic ScaleUp Award 2023 der nordischen Länder gewonnen.

 

Foto von der Preisverleihung an "Kerecis" in Stockholm. Bild von Nordic Innovation / Pax Engström.
Isländische Biotech-Firma "Kerecis" räumt "Nordic ScaleUp Award" ab. © Nordic Innovation / Pax Engström.

 

Die isländische Biotech-Firma Kerecis hat den Nordic ScaleUp Award 2023 gewonnen. Die Auszeichnung wurde am 9. Mai 2023 auf dem Nordic ScaleUp Summit in Stockholm vergeben.

 

Kerecis – ein Pionier der Verwendung von nachhaltig gewonnener Fischhaut und Fettsäuren in der Zelltherapie, der Geweberegeneration und dem Gewebeschutz – setzte sich dabei unter 140 Nominierten durch.

 

Der Preis wird von Nordic Innovation vergeben, einer Organisation des Nordischen Ministerrates. Die Auswahl erfolgte durch eine Jury, der daneben auch Risikokapital-Investor:innen aus den nordischen Ländern angehören.

 

Der Award wird an ein innovatives, wachstumsstarkes Unternehmen aus einem der fünf Nord-Länder verliehen, das in der Entwicklung und Förderung einer vielfältigen Unternehmenskultur auf nachhaltige Weise Bestleistungen erbringt.

© Nordic Innovation / Pax Engström (1+3), Unsplash (2)

In der Begründung der Jury hieß es: "Kerecis ist ein Paradebeispiel für ein Scaleup-Unternehmen, das auf dem isländischen Erbe aufbaut, ein Nebenprodukt der Fischverarbeitung zur Herstellung eines hochwertigen Medizinproduktes nutzt und aufgrund eines begrenzten Heimatmarktes und einer beschränkten Fachkräftebasis von Anfang an gezwungen war, bei der Einstellung von Beschäftigten und der Markteinführung Kreativität an den Tag zu legen."

 

Das Unternehmen mit Sitz in Ísafjördur im Nordwesten Islands, das rund 500 Beschäftigte zählt, hat ein umfassendes ESG-Programm etabliert. ESG steht für Environment, Social and Governance – also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung – und meint den über gesetzliche Anforderungen hinausgehenden Beitrag der Wirtschaft zu nachhaltiger Entwicklung.

 

Die Firma hat zudem ein Equal Pay-Programm zur Lohngleichheit von Frauen und Männern implementiert.

 

Am schnellsten wachsendes Unternehmen in Europa

 

Laut der britischen Tageszeitung Financial Times ist das einstige Startup eines der 2023 am schnellsten wachsenden Unternehmen in Europa. 

 

„Dieses starke Wachstum verdanken wir einem unglaublich engagiertem Team, das zusammenarbeitet, um unsere Technologien und digitale Lösungen für das Gesundheitswesen zu nutzen, damit sie Kranken zur Verfügung stehen und sich deren Lebensqualität und die Chancen auf ein längeres Leben verbessern", betonte Kerecis-Chef Guðmundur Fertram in seiner Dankesrede.

 

Das Marktpotenzial für das Produkt beträgt laut der isländischen Tageszeitung Morgunblaðið mehr als 10 Milliarden US-Dollar.


Mit Fischhaut Wunden heilen

In den Laboren von Kerecis dreht sich alles um Gadus morhua, besser bekannt als Dorsch bzw. Kabeljau, der hier für den medizinischen Einsatz vorbereitet wird.

 

Das von Kerecis entwickelte Transplantat aus Fischhaut soll Wunden z.B. von Diabetes-Erkrankten künftig schneller heilen. 

 

Die Struktur der Fischhaut ist der menschlichen Haut sehr ähnlich. Wird sie z.B. auf eine diabetische Wunde verpflanzt, soll das den Heilungsprozess beschleunigen.

 

Die Transplantate wirken wie ein Gerüst, das körpereigene Zellen anzieht und zum Aufbau von Gewebe anregt.

 

Die Dorsch-Haut bietet gleich mehrere Vorteile: Sie ist überaus flexibel und lässt sich passgenau zuschneiden – natürlicher Infektionsschutz inklusive.  

 

Die in der Fischhaut enthaltenen Omega-3-Fettsäuren hemmen Entzündungen und wirken anti-bakteriell; zudem fördern sie das Entstehen neuer Blutgefäße.

 

Bisher wurden Hauttransplantate aus Schwein, Rind oder menschlicher Nabelschnur gewonnen.

 

Um Infektionen vorzubeugen, müssen diese jedoch sehr aufwändig bearbeitet werden; zudem ist ihre Matrix so dicht, dass Körperzellen kaum durchdringen können.

 

Anders bei der Fischhaut: Weil Kaltwasserfische keine Krankheiten auf den Menschen übertragen, muss sie nicht steril sein.

 

So kann sie schonend verarbeitet werden und behält ihre natürliche Struktur.



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