28.10.2021

"Die Arktis ist ein Hotspot der Klimaerwärmung"

Kurz vor dem UN-Klimagipfel ging es beim Arctic Circle Mitte Oktober in Reykjavík um mehr Schutz für die Arktis. Wir haben dazu mit dem Leiter des Deutschen Arktisbüros am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Dr. Volker Rachold, gesprochen. 

 

Konferenzgebäude des Arctic Circle 2021. Bild von Arctic Circle.
Die Arktis ist bedroht: Arctic Circle 2021. © Arctic Circle.

 

DIG: Islands Ex-Präsident Ólafur Ragnar Grímsson, einer der Mitbegründer, hat den Arctic Circle als breites Netzwerk angelegt. Auch das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung engagiert sich mit dem Arctic Circle Forum Berlin. Welche Idee steckt dahinter?

 

Dr. Volker Rachold: Deutschland ist zwar kein Anrainerstaat, aber trotzdem ein wichtiger Akteur in der Arktis. Im Jahr 2019 hat die Bundesregierung die „Leitlinien der Deutschen Arktispolitik“ verabschiedet. Deutschland hat sich an der Arctic Circle Assembly daher von Anfang an beteiligt - im Jahr 2014 mit einer Videobotschaft der Bundeskanzlerin, im Jahr 2015 mit einer Länderpräsentation und in den folgenden Jahren mit etlichen weiteren Beiträgen. Ich bin selbst Mitglied des Arctic Circle Advisory Boards und habe viele dieser Beiträge mitorganisiert. Auf Vorschlag von Präsident Grímsson wurde daraufhin die Idee entwickelt, ein Arctic Circle Forum in Berlin zu organisieren. 

 

 

DIG: Welche Rolle spielt der Arctic Circle in der internationalen Arktispolitik?

 

Dr. Volker Rachold: Der Arctic Circle ist die wichtigste Dialog-Plattform für Arktis-Akteure aus den Bereichen Forschung, Wirtschaft und Politik. Das Forum ist kein offizielles Gremium, in dem über die Arktispolitik entschieden wird. Das Gremium für die Arktispolitik ist der Arktische Rat. Allerdings bietet der Arctic Circle den wichtigen Akteurinnen und Akteuren auch aus der Politik eine wichtige Gelegenheit, sich auszutauschen und spielt daher durchaus eine Rolle in der internationalen Arktispolitik.

 

 

DIG: Vor wenigen Monaten hat Island den Vorsitz des Arktischen Rates an Russland übergeben. Wie bewerten Sie die Erfolge des isländischen Ratsvorsitzes?

 

Dr. Volker Rachold: Der isländische Vorsitz des Arktischen Rats kann als sehr erfolgreich bewertet werden. Die fruchtbare Zusammenarbeit in der Arktis wurde auch in Zeiten politischer Unstimmigkeiten und Konflikte sehr erfolgreich fortgesetzt. Am Ende des Vorsitzes wurde eine Vielzahl von Ergebnissen des 2-jährigen Vorsitzes präsentiert. Erwähnenswert ist, dass zusätzlich zur Ministererklärung auch ein zehn Jahre in die Zukunft reichender strategischer Plan für den Arktischen Rat vorgestellt wurde.

 

Der isländische Vorsitz hat sich auch sehr dafür eingesetzt, die Einbindung der Beobachter im Arktischen Rat zu verbessern. Das Deutsche Arktisbüro und das Auswärtige Amt haben zu Beginn des Vorsitzes eine Informationsveranstaltung an der isländischen Botschaft in Berlin organisiert. Zur abschließenden Ministerkonferenz im Mai dieses Jahres hat Deutschland eine Videobotschaft von Außenminister Heiko Maas übermittelt.

 


Dr. Volker Rachold

 

ist Leiter des Deutschen Arktisbüros am Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), das seit 2017 als Informations- und Kooperationsplattform für deutsche Arktis-Akteure aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft fungiert. Von 2006 bis 2016 war er Geschäftsführer des International Arctic Science Committee (IASC). Foto: AWI

 


 

DIG: Erst im September hat das AWI neue Zahlen zu den Folgen der Erderwärmung für die Arktis vorgelegt. Mit welchen Themen- und Fragestellungen hat sich Ihr Haus beim diesjährigen Arctic Circle eingebracht?

 

Dr. Volker Rachold: Das AWI hat in diesem Jahr eine Plenarsitzung zum Thema MOSAiC-IPCC-COP26 im Vorfeld der UN-Klimakonferenz organisiert, die von AWI-Direktorin Antje Boetius moderiert wurde. Ein weiterer AWI-Redner war Markus Rex, Leiter der MOSAiC-Expedition, auf der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 20 Nationen die Arktis im Jahresverlauf erforscht haben.

 

 

DIG: Welches Signal geht vom Arctic Circle 2021 in Reykjavík aus?

 

Dr. Volker Rachold: Das zunehmende Interesse an der Arktis und die große Teilnehmerzahl beim Arctic Circle 2021 trotz der andauernden Pandemie sind darauf zurückzuführen, dass sich die Arktis aufgrund des Klimawandels stärker und schneller verändert als jede andere Region der Erde. Die Arktis ist damit nicht nur zu einem Hotspot der Klimaerwärmung geworden, sondern auch zu einer Schlüsselregion geostrategischer und wirtschaftlicher Interessen. Insbesondere die Sicherheitspolitik war ein Schwerpunkt der Assembly und auch die neue EU-Arktispolitik wurde intensiv diskutiert.

 

 



 

Arctic Circle

 

Der Arctic Circle ist das weltweit größte Netzwerk für den internationalen Dialog über die Zukunft der Arktis.

  • Mitbegründet hat die gemeinnützige Organisation Islands Ex-Präsident Grímsson.
  • Das Sekretariat hat seinen Sitz in der isländischen Hauptstadt Reykjavík.
  • Das Besondere: Regierungen, Organisationen, Unternehmen, Universitäten und Denkfabriken machen genauso mit wie Umweltverbände, indigene Gemeinden und ganz normale Bürgerinnen und Bürger.
  • Die Versammlung findet jedes Jahr im Oktober im Konzert- und Konferenzzentrum Harpa statt.

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