08.04.2023

Zuerst war das Ei

Lange Zeit suchte man in Island an Ostern vergeblich nach Eiern. Heute sind die Isländerinnen und Isländer ganz versessen auf die österliche Nascherei – und haben längst ihre ganz eigene Oster-Tradition kreiert. Wir verraten Ihnen, was unter der Schale steckt. 

 

Drei Eier liegen zwischen erblühenden Büschen. Bild von Urzsula Trojanowska auf Unsplash.
Eier suchte man auf Island an Ostern lange Zeit vergeblich. © Urzsula Trojanowska auf Unsplash.

  

Zuerst war das Ei, dann das Huhn – zumindest in Island. Aber der Reihe nach:

 

Mehr als drei Millionen Ostereier füllen dieser Tage die Verkaufsregale auf der Insel. Die Isländerinnen und Isländer sind ganz versessen auf die schokoladigen Leckereien.

 

Dabei suchte man im hohen Norden an Ostern lange Zeit vergeblich nach Eiern. Der Grund: Es gab schlicht keine!

 

Während der Ostereier-Brauch in Europa bis ins Mittelalter zurückreicht, fehlte auf Island eine entscheidende Voraussetzung: das Federvieh. Noch Anfang des 20. Jahrhunderts wurden Hühnereier – wie die meisten Lebensmittel –importiert; Geflügelhöfe entstanden erst 1929.

 

Und so gelangte auch die zuckrige Variante erst 1918 nach Island – ein süßer Gruß aus dem ungeliebten Mutterland Dänemark.

 

Doch die isländischen Bäckermeister eierten nicht lange herum und nahmen die österlichen Naschereien flugs in ihr Sortiment auf.

 

Um 1930 stiegen die neu entstehenden Schokoladenfabriken in das Geschäft ein – der Startschuss für die heutige Ostereier-Massenproduktion.

 

Doch während die Menschen in Skandinavien traditionell dekorierte Kartonhüllen mit Süßigkeiten füllten und Mitteleuropäer auf Schokoladen-Hohlkörper schworen, war das aus Sicht der Isländerinnen und Isländer noch nicht das Gelbe vom Ei.

 

Und so kreierten sie ihre eigene Oster-Tradition: Eier aus Milchschokolade gefüllt mit Leckereien – und málshættir.

 

 

Foto: Daniel Bigalke auf Unsplash


Zu Ostern versammelt sich nun die ganze Familie um den Tisch, pult die Sprichwort-Zettelchen aus dem Ei und erheitert die Runde mit sinnigen Botschaften. 

 

Allein, in jüngster Zeit gibt es landauf, landab Diskussionen an den Ostertafeln. Denn Songtexte und Zitate haben die Klassiker aus den alten Sagas verdrängt. Und seither ist manchen Traditionalisten, als habe man ihnen ein Kuckucksei ins Nest gelegt.

 

Der Begeisterung für die Oster-Leckereien tut das indes keinen Abbruch: Der Markt boomt. Im Supermarkt hat man die Qual der Wahl zwischen gut und gerne 40 Exemplaren, von denen kein Ei dem anderen gleicht.

 

Rund zwei Tonnen Ostereier unterschiedlichster Größe werden in Island zum Fest verdrückt. Der durchschnittliche Isländer kommt auf knapp sieben.

 

Und so hat die Süßwarenindustrie vorgesorgt, damit sich die landesweite Krise von 2020 nicht wiederholt. Wo es die bunten Dinger alljährlich für einen Appel und ein Ei zu kaufen gab, prangten plötzlich leere Regale. Vor Ostern war alles Naschwerk ausverkauft.

 

Auweia!