07.09.2024

OECD bescheinigt Island Integrationsprobleme

Island nimmt so viele Menschen auf wie kein anderes Land in der OECD. Doch die Integrationspolitik des Inselstaates konnte mit dem Tempo der Zuwanderung nicht Schritt halten. Das zeigt ein Bericht der OECD, der die Probleme klar benennt und Lösungen vorschlägt. 

 

Mann sitzt an Deck eines Schiffes. Bild von Lena Polishko auf Unsplash.
OECD bescheinigt Island ein Integrationsproblem. © Lena Polishko auf Unsplash.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OSZE) hat 38 Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien und die USA. Doch nirgends war die Zahl der Zugewanderten in den vergangenen zehn Jahren höher als in Island.

 

Das zeigt der in dieser Woche vorgestellte Länderbericht Skills and Labour Market Integration of Immigrants and their Children in Iceland. 2023 lag der Anteil der Zugewanderten an der Gesamtbevölkerung in Island bei mehr als 18 Prozent – das sind zehn Prozent mehr als noch 2013.

 

Vier von fünf Menschen, die nach Island einwanderten, kamen aus der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA). Allerdings hat die Zahl der Menschen, die aus humanitären Gründen Zuflucht suchten, auch in Island zugenommen.

 

Erfolge und Schattenseiten

 

Die OECD bewertet in ihrer Studie aus der Reihe Working Together for Integration die Arbeitsmarktsituation von Zugewanderten – und benennt sowohl Integrationserfolge als auch Schattenseiten, inklusive Verbesserungsvorschläge.

 

Demnach lag die Beschäftigungsquote der Zugewanderten in Island im OECD-Vergleich am höchsten und übertraf sogar die der einheimischen Bevölkerung.

 

Allerdings gebe der Umstand, dass der Arbeitslosenanteil unter Zugewanderten rasch steigt, Anlass zur Sorge. Inzwischen gehöre jeder zweite Arbeitslose dieser Gruppe an (2013: 15%); dabei liege der Anteil der eingewanderten Menschen an der gesamten Erwerbsbevölkerung nur bei einem Viertel.

 

Qualifikationen bleiben ungenutzt

 

Hinzu komme, dass die Qualifikationen von Einwanderinnen und Einwanderern nach Einschätzung der OECD nicht gut genutzt werden. Dies zeige etwa der hohe Anteil an Überqualifizierten.

 

Ein Hauptgrund sei, dass Zugewanderte oftmals in der Tourismusbranche beschäftigt seien, in der Jobs für gering Qualifizierte dominierten. Dort stamme mittlerweile jeder zweite Beschäftigte aus dem Ausland.

 

Zudem verfügten die nach Island Zugewanderten über vergleichsweise schlechte Sprachkenntnisse. Der Anteil derer, die von sich sagen, dass sie gut isländisch sprechen, lag bei lediglich 18 Prozent; im OECD-Vergleich war die Zahl der Zugewanderten, die ihre Kenntnisse der Landessprache als gut einschätzten, deutlich höher (60%).

 

Fast jeder zweite Zugewanderte, der Probleme auf dem isländischen Arbeitsmarkt hatte, machte dafür mangelnde Sprachkenntnisse verantwortlich.

 

In diesem Zusammenhang kritisierte die OECD-Studie, dass die Finanzhilfen für die Sprachförderung von Erwachsenen in Island deutlich geringer ausfallen als in vergleichbaren Ländern.

 

Wendepunkt für Integrationspolitik

 

Angesichts des gemischten Bildes stehe Island an einem Wendepunkt seiner Integrationspolitik. Erstmals in seiner Geschichte setze das Land auf eine umfassende Integrationspolitik.

 

Dies ist nach Meinung der OECD umso dringlicher, als rund die Hälfte der Zugewanderten aus EU und EFTA den Wunsch geäußert habe, sich auf Dauer in Island niederzulassen. Damit liegt der Anteil der Zugewanderten, die im Land bleiben möchten, höher als in vielen anderen westeuropäischen Ländern.

 

In der Vergangenheit habe sich die Regierungspolitik in Island sehr stark auf Flüchtlinge konzentriert und dabei übersehen, dass die meisten Zugewanderte aus der EU und dem EFTA-Raum stammten.

 

In früheren Studien der Reihe standen Schweden (2016), Finnland (2018), Norwegen (2022) und die Flämische Region Belgiens (2023) im Fokus der Analyse.


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