11.03.2024
Mit dem Beitritt Schwedens ist die Norderweiterung des Militärbündnisses komplett. Der Schritt bringt geopolitische und strategische Vorteile für beide Seiten – und wird die Rolle der nordischen Länder verändern. Das könnte bald auch Island zu spüren bekommen.
Der Beitritt Schwedens verändert die Nato – und mit ihr auch den Norden Europas. Eine Kurzanalyse.
Neue geopolitische und strategische Perspektiven für die Nato
Die Aufnahme zweier neuer Partner verschiebt das Machtgefüge in der Allianz. Denn mit Schweden, das dem Beispiel Finnlands folgt, schließt die Nato ihre Nordflanke und weitet das Bündnisgebiet in Arktis und Ostsee aus.
Neben geostrategischen Vorteilen bringt der Beitritt auch aus militärischer Sicht einen Gewinn für die Allianz. Denn beide Länder verfügen über schlagkräftige Armeen
So ist Schwedens Verteidigungsindustrie eine der größten und modernsten in Europa. Zudem ist die schwedische Luftwaffe eine der größten des Kontinents und die größte im Norden Europas. Nicht zuletzt verfügt das Land über große Mengen kritischer Rohstoffe wie Eisenerz und seltene Erden, die für die Rüstungsindustrie bedeutsam sind.
Trotz seiner geringen Größe kann Finnland wiederum im Ernstfall 280.000 Soldat:innen sowie 900.000 Reservist:innen mobilisieren – bei nur fünfeinhalb Millionen Einwohner:innen. Derzeit beläuft sich der Verteidigungshaushalt des Landes auf 5,1 Milliarden Euro; das sind fast zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts – und die Tendenz ist steigend.
Die Annexion der Krim durch Russland 2014 und der Überfall der Ukraine 2022 wurden besonders von Finnland mit Sorge registriert. Schließlich teilt sich das Land eine rund 1.300 Kilometer lange Grenze mit Russland. Mit dem Betritt des Landes im vergangenen Jahr hat sich die gemeinsame Grenze der Nato mit Russland mehr als verdoppelt.
Starke Stimme aus dem Norden
Künftig ist in der Allianz mit einer starken Stimme aus dem Norden zu rechnen.
Schon bisher bildeten die fünf Nord-Länder eine Art Mini-Nato. Im vergangenen März beschlossen Dänemark, Finnland, Schweden und Norwegen, für ihre Luftstreitkräfte eine integrierte Befehlsstruktur zu entwickeln.
Das Konzept beinhaltet unter anderem gemeinsame Planung, Training, Übungen und gemeinsame Logistik, wie es in der Absichtserklärung hieß.
Island, das über keine Armee und somit auch keine Luftstreitkräfte verfügt, blieb außen vor.
Es ist zu erwarten, dass die Nord-Länder sich künftig noch stärker abstimmen und ihre gemeinsamen Interessen in der Allianz vertreten werden. Wie Island seine Rolle künftig definiert, bleibt abzuwarten.
Verändertes Kräfteverhältnis zwischen den Nord-Ländern
Der Beitritt von Finnland und Schweden verändert auch das Kräfteverhältnis zwischen den fünf Nord-Ländern.
Island gehörte 1949 zu den Gründungsmitgliedern der Nato. Es verfügt allerdings über keine regulären Streitkräfte, sondern nur über einzelne Einheiten, die von der Interaktion mit den Verbündeten abhängig sind.
Der Inselstaat verbietet den Transit und die Stationierung von Nuklearwaffen und erlaubt dies auch im Kriegsfall nicht.
Als Beitrag zum Verteidigungsbündnis
Allerdings hat sich Island bereits in den vergangenen Jahren der Allianz angenähert – nicht zuletzt aufgrund des Vordringens Russlands in der Arktis und der Differenzen im Arktis-Rat, dem offiziellen Gremium für die Kooperation der Nordpol-Anrainer.
Nun findet sich Island in einer neuen Rolle. Während die Neumitglieder in den Fokus rücken, ist Island in die Außenseiterrolle gerutscht.
Die Zukunft wird zeigen, ob es die Rolle als Zaungast im Militärbündnis, an der insbesondere die regierende Links-Grüne Bewegung unter Premierministerin Katrín Jakobsdóttir festhält, weiter wird spielen können.
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