10.12.2019

Botschafter des Lesens

Der isländische Autor und Verleger Halldór Guðmundsson organisiert den norwegischen Ehrengastauftritt bei der Frankfurter Buchmesse. 2011 hatte er sein Heimatland beim wichtigsten deutschen Literatur-Event präsentiert - mit riesigem Erfolg.

 

Bilder von Sabine Felber / NORLA.
Bilder von Sabine Felber / NORLA.

 

Mit Büchern kennt er sich aus: 2011 organisierte der Verleger und Autor Halldór Guðmundsson den gefeierten Ehrengastauftritt Islands auf der Frankfurter Buchmesse. Keine einfache Aufgabe, kämpfte das Land doch noch mit den Folgen der Finanzkrise, die 2008 zum Zusammenbruch des isländischen Bankenwesens geführt hatte.

 

Aber in Frankfurt präsentierte sich die Insel mit neuem Selbstbewusstsein: als Zentrum der Literatur, der Mythen und Märchen. Unter dem Motto Sagenhaftes Island eroberte das kleine Land das große Lesepublikum. Die Übersetzungen isländischer Literatur ins Deutsche haben sich seither verdoppelt.

 

Islands Erfolg 2011 bewog Norwegen, Halldór Guðmundsson mit der Projektleitung des eigenen Gastlandauftritts vom 16. bis 20. Oktober 2019 zu beauftragen. „Eine großartige Ehre“, wie er in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau betonte.

 

Seine isländische Herkunft war dabei überhaupt kein Problem, weder sprachlich noch kulturell. Schließlich sei Isländisch das „Latein des Nordens“, das den Einstieg in die anderen skandinavischen Sprachen erleichtere, schilderte Guðmundsson im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur

 

Neben Englisch, Deutsch und Schwedisch spricht Guðmundsson, der als Kind in den 1960er Jahren mit seinen Eltern mehrere Jahre in Bonn lebte, auch perfekt Norwegisch. 

 

Nach der Rückkehr aus Deutschland studierte Guðmundsson Literaturwissenschaften und heuerte 1984 beim größten isländischen Verlag Mál og menning (Sprache und Kultur) an. Kaum an Bord, trat die Verlegerin zurück – und Guðmundsson, gerade einmal 28, erhielt die Chance seines Lebens. Er übernahm die Leitung und war als wichtigster Verleger des Landes fortan Stammgast auf der Frankfurter Buchmesse. 

 

Daneben veröffentlichte er Aufsätze und Bücher, unter anderem eine preisgekrönte Biografie des einzigen isländischen Literatur-Nobelpreisträgers Halldór Laxness und das Buch Wir sind alle Isländer über die Folgen der Finanzkrise, das er auch beim 25. Jubiläum der Deutsch-Isländischen Gesellschaft 2010 in Bremerhaven präsentierte.

 


Wie Guðmundssons Heimat gilt auch Norwegen als Leseland. Über einen Fonds werden jährlich 800 bis 1.500 Exemplare aller wichtigen Neuerscheinungen angekauft und an öffentlichen Bibliotheken verteilt. Die Organisation NORLA – Norwegian Literature Abroad – kümmert sich um die Vermarktung norwegischer Literatur im Ausland, vertritt Autorenrechte, organisiert Übersetzungen und Veranstaltungen, wie jetzt in Frankfurt.

 

Zur Buchmesse sind zahlreiche neue Bücher auf Deutsch erschienen, darunter viele Bestseller wie Karl Ove Knausgård, Jostein Gaarder, Jon Fosse oder Ketil Bjørnstad. Aber Halldó r Guðmundsson wollte zudem ausdrücklich auch „neue Namen rüberbringen, Namen, die man in Deutschland noch nicht kennt“. 

 

Auch optisch gingen die Organisatoren neue Wege und verzichteten auf jedes Skandinavien-Klischee. Der Länder-Pavillon hätte nicht minimalistischer ausfallen können: glänzender weißer Boden, verspiegelte Wände, filigrane Objekte. 

 

Im Mittelpunkt standen 23 Tische, jeder einem speziellen Thema gewidmet, von „Natur, Klima und Tourismus“ bis hin zu „Comics“ – und natürlich die Bücher, die das Wichtigste sind. Der Erfolg gab Halldór Guðmundsson und seinem Team recht. Der Ehrengastauftritt Norwegens war ein Publikumsmagnet: Die Frankfurter Buchmesse konnte 2019 ein Besucherplus von satten 10 Prozent verzeichnen.

 

Inzwischen ist Guðmundsson wieder an den Schreibtisch zurückgekehrt, der Verlag heißt nun Forlagid. 2012 hatte er einen kurzen Ausflug gewagt und die Direktion des Opern- und Konzerthauses Harpa übernommen, das neue Wahrzeichen Islands am Hafen von Reykjavı́k. Fünf Jahre blieb er – bis es ihn wieder zur Literatur zog. Fortsetzung folgt. 

 

Text: Nicole Maschler

 

Dieser Text ist zuerst im DIG-Newsletter 2019 erschienen.