01.01.2024

Das Jahr 2023 in Island

Vulkanausbrüche, Firmenpleiten, der Vorsitz in zwei wichtigen internationalen Gremien– 2023 war für den Inselstaat wieder voller Herausforderungen. Lassen wir das Jahr Revue passieren und schauen auf die wichtigen Ereignisse in  Politik, Wirtschaft und Kultur. 

 

Kalenderseite. Bild von Maddi Bazzocco auf Unsplash.
Ein Jahr voller Ereignisse: 2023 in Island. © Maddi Bazzocco auf Unsplash.

Januar 2023

 

Im vierten Quartal 2022 ist die Einwohnerzahl in Island auf 387.800 Einwohner angestiegen. Im Hauptstadtgebiet sind 247.590 Personen gemeldet, auf dem Land leben 140.210 Personen. Polen ist auch weiterhin das Land, aus dem die meisten Zugezogenen kommen (720 Personen), gefolgt von der Ukraine (580). 16,8 Prozent der Gesamtbevölkerung haben eine ausländische Staatsangehörigkeit.

 

Island hat im Januar den Vorsitz im Nordischen Ministerrat übernommen. Mit dem Motto The Nordic Region – A Force for Peace will sich der Inselstaat in den zwölf Monaten seiner Präsidentschaft auf drei Prioritäten konzentrieren: grün, wettbewerbsfähig und sozial nachhaltig sollen die fünf nordischen Länder werden.

 

 

Februar 2023

 

In Island wächst die Unterstützung für die Europäische Union. Erstmals hat sich eine Mehrheit der Befragten für einen Beitritt des Landes zur EU ausgesprochen (40,8%). Das zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Maskína für den Interessenverband Eyrópuhreyfingin. Für die Regierung unter Premierministerin Jakobsdóttir steht das Thema allerdings derzeit nicht auf der Tagesordnung.  

 

 

März 2023

 

Die Europäische Kommission hat am 12. März die erste geschützte geografische Herkunftsbezeichnung für ein isländisches Lebensmittel festgelegt. Der Produktname für isländisches Lammfleisch, Íslenskt lambakjöt, umfasst Fleisch von einem Lamm, das in Island geboren, aufgezogen und geschlachtet wurde. Damit darf ein Produkt, welches diese Voraussetzungen nicht erfüllt, nicht mehr als isländisches Lammfleisch bezeichnet werden.

 

Die isländische Umweltbehörde und der Nationalpark Snæfellsnes haben am 24. März ein neues Besucherzentrum in Hellissandur, einem der ältesten Fischerorte in Island, eröffnet. Nachdem 1960 der Hafen nach Rifi verlegt wurde, ist der Tourismus seither die Haupteinnahmequelle des Dorfes. Von dem Ort aus ist es nicht weit bis zum Gletscher Snæfellsjökull und dem gleichnamigen Nationalpark, einer von dreien in Island.

Fotos: Unsplash

April 2023

 

Die isländische Zeitung Fréttablaðið und der Fernsehsender Hringbraut wurden mit sofortiger Wirkung am 1. April eingestellt. 100 Beschäftigte verloren ihren Job. Der Verlag begründete den drastischen Schritt mit dem schwierigen Marktumfeld in Krisenzeiten und äußerte Kritik an der Politik. Die 2001 gegründete Tageszeitung Fréttablaðið war das auflagenstärkste Blatt Islands. Sie stand politisch der sozialdemokratischen Allianz (Samfylkingin) nahe und vertrat einen pro-europäischen Kurs.

 

 

Mai 2023

 

Beim 4. Gipfel des Europarates in Reykjavík einigten sich die versammelten Staats- und Regierungschefs am 17. Mai auf ein internationales Schadensregister für die Ukraine unter der Schirmherrschaft der Menschenrechtsorganisation. Die Einrichtung soll dazu beitragen, Schäden, Verluste und Verletzungen, die durch den russischen Angriffskrieg entstanden sind, zu dokumentieren; sie ist zunächst auf drei Jahre begrenzt und soll ihren Hauptsitz in Den Haag haben; dort befindet sich auch der Sitz des Internationalen Strafgerichtshofes.

 

Die jüngste isländische Fluggesellschaft Niceair bleibt dauerhaft am Boden. Das Unternehmen will Insolvenz anmelden. Islands jüngste Fluglinie musste bereits an Ostern ihren Betrieb vorerst einstellen, nachdem das einzige Flugzeug – ein von der portugiesischen Airline Hi Fly gecharterter Jet A 319 – in Kopenhagen beschlagnahmt worden war. Die Charterlinie und ihr Geschäftspartner warfen sich daraufhin gegenseitig Vertragsbruch vor. 

 

Auf der Rainbow Europe Map der ILGA, der weltweiten Dachorganisation der Schwulen-, Bisexuellen-, Trans- und Intersexuellen-Verbände, kletterte Island 2023 auf Platz 5. Auf der Transgender Map schaffte es sogar Platz 1. Seit der Veröffentlichung der letzten Rainbow Europe Map im Mai 2022 hat die isländische Regierung unter Ministerpräsidentin Katrín Jakobsdóttir von der Links-Grünen Bewegung zahlreiche Verbesserungen für LSBTI+-Personen herbeigeführt.

 

 

Juni 2023

 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Islands Premierministerin Katrín Jakobsdóttir zum WHO-Champion ernannt. Damit würdigte die UN-Sonderorganisation zugleich das Engagement der Politikerin für Menschenrechte, Gleichberechtigung und Klimagerechtigkeit. Ihre Aufgabe soll es in den kommenden beiden Jahren sein, europäische und internationale Regierungen sowie zwischenstaatliche Organisationen für das Thema Wellbeing Economy zu sensibilisieren.

 

Zum 14. Mal steht Island an der Spitze der zehn sichersten Länder der Welt. In Europa ist es sogar das sicherste Land. In der jährlich veröffentlichten Statistik des The Global Peace Index werden 163 Länder in Bezug auf Kriminalitätsrate, Mordzahlen, Terrorangriffe, Verteidigungskosten und andere Faktoren beurteilt. Die niedrige Kriminalitätsrate und die geringe Häufigkeit von Unruhen und gewalttätigen Protesten spielten eine Rolle für das gute Abschneiden der Inselnation. 

Fotos: DIG (1), Europarat (2) Unsplash (3)

Juli 2023

 

Islands Fischereiministerium setzt härtere Regeln für die Walfangunternehmen durch: Sie müssen künftig Tierschutzbeauftragte benennen und Waltötungen per Video dokumentieren. Für die Umsetzung und Kontrolle der neuen Bestimmungen, die nach einer kurzen Konsultationsperiode noch in diesem Sommer in Kraft treten, ist die isländische Veterinärbehörde Matvælastofnun (MAST) zuständig

 

Islands Weg in die Moderne begann an den Küsten. Es waren vor allem junge Frauen, die das isländische Wirtschaftswunder zu Beginn des 20. Jahrhunderts möglich machten. Seit diesem Wochenende erinnert eine Figurengruppe des Künstlers Arthur Ragnarsson vor dem Heringsmuseum in Siglufjörður an die sog. Heringsmädchen. 2023 jährt sich der Beginn der Hering-Ära zum 120. Mal.

 

 

August 2023

 

In Island spuckt der Vulkan Fagradalsfjall seit dem 2. August wieder Lava – nur 30 Kilometer von der Hauptstadt Reykjavík entfernt. Schon 2022 hatte es in der Region einen Ausbruch gegeben. Von Mitte März bis in den September kam die Erde nicht zur Ruhe – die längste Eruption, die in Island jemals aufgezeichnet wurde. Der jetzige Ausbruchsort liegt nur einen Kilometer entfernt, in der Nähe des Tafelvulkans Fagradalsfjall. Während Fachleute vor Gefahren warnten, pilgerten Tausende Schaulustige zur Ausbruchsstelle.

 

Die Isländische Oper befürchtet, bald ihren Betrieb einstellen zu müssen. Grund ist die Entscheidung der Regierung, die im Konzerthaus Harpa beheimatete Einrichtung künftig nicht mehr finanziell zu fördern. Die Operndirektorin fürchtet ein "kulturelles Desaster" für die 1980 von Studierenden und Kunstschaffenden gegründete gemeinnützige Organisation, die sich über öffentliche Mittel sowie Zuwendungen von Unternehmen finanziert.

 

 

September 2023

 

Die isländische Verordnung über die Haltung und Blutgewinnung aus tragenden Stuten wird außer Kraft gesetzt. Vor drei Jahren war die kommerzielle Blutgewinnung in einen landwirtschaftlichen Zweig umgewandelt worden, für den keine Genehmigung mehr erforderlich war. In einem Mahnschreiben an die isländische Regierung hatte die EFTA-Regulierungsbehörde ESA erklärt, dass Island mit dem Erlass einer Sonderregelung gegen die Bestimmungen des EWR-Abkommens verstoßen habe.

Fotos: Unsplash

Oktober 2023

 

Finanz- und Wirtschaftsminister Bjarni Benediktsson ist am 10. Oktober wegen seiner unklaren Verstrickung in eine Bankenaffäre zurückgetreten. Nach dem Bankenkollaps 2008 waren mehrere isländische Banken vom Staat übernommen worden, um danach in einem Privatisierungsprozess veräußert zu werden. Nach seinem Rücktritt tauschte Benediktsson das Amt mit der bisherigen Außenministerin Þórdís Kolbrún Reykfjörð Gylfadóttir.

 

Vom 19. bis zum 21. Oktober fand die 10. Arctic Circle Assembly in Reykjavík statt. 2013 gründete Islands früherer Präsident Ólafur Ragnar Grímsson die Dialog-Plattform, um die gefährdete Nordpolregion zu schützen. Das weltweit größte ehrenamtliche Netzwerk für den internationalen Dialog über die Zukunft der Arktis trifft sich alljährlich in Reykjavík. In diesem Jahr ging es unter anderem um die UN-Klimakonferenz im Dezember 2023 in Dubai (COP 28) und die Rolle der Nato in der Region.

 

 

November 2023

 

Die fünf nordischen Länder haben eine engere Zusammenarbeit in der Asylpolitik vereinbart, um die Rückführung von Geflüchteten zu erleichtern. Ziel sind effektivere Regelungen zur Rückführung von Migrant:innen ohne Aufenthaltsrecht in ihre Herkunftsländer bzw. in die Länder, aus denen sie nach Europa eingereist sind. Die Vereinbarung erfolgte auf Initiative von Dänemark, das sich für eine strengere Einwanderungspolitik in Europa einsetzt.

 

Als erste ausländische Fluglinie steuert easyJet künftig Akureyri an. Zwei Mal pro Woche können Reisende aus Großbritannien die zweitgrößte Stadt Islands jetzt auch im Winter besuchen – per Direktflug aus London. Island investiert in den kommenden Jahren rund 30 Millionen Euro in den Ausbau seiner Regionalflughäfen, um für den Tourismusboom gewappnet zu sein. 

 

 

Dezember 2023

 

Nach wochenlangem Warten ist am 19. Dezember ein Vulkan nahe der Hafenstadt Grindavík im Südwesten Islands ausgebrochen. Die Eruption nur wenige Kilometer von der isländischen Hauptstadt Reykjavík entfernt hatte sich schon vor Wochen mit einer Erdbebenserie angekündigt. Daraufhin war im November der kleine Küstenort Grindavík evakuiert worden. Es ist der vierte Ausbruch innerhalb der vergangenen drei Jahre auf der Reykjanes-Halbinsel.

 

Der Spielfilm Godland von Hlynur Pálmasson ist Islands Beitrag in der Kategorie Bester ausländischer Film zur Oscar-Verleihung 2024. Das Historiendrama um einen dänischen Priester, der im 19. Jahrhundert eine Kirche auf Island erbauen soll und auf den Widerstand der Einheimischen stößt, nimmt die schwierige Beziehung Dänemarks zu seiner ehemaligen Kolonie Island in den Blick. Die endgültige Nominierungsliste mit fünf Filmtiteln wird am 23. Januar 2024 veröffentlicht.

Fotos: Unsplash



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