21.02.2022

Mehr Sicherheit für Islands Polizei

Nachdem in den vergangenen Wochen mehrere Menschen bei Schießereien verletzt wurden, diskutiert Island über ein härteres Vorgehen im Kampf gegen Kriminalität. Bislang tragen Polizeibeamte im Dienst keine Schusswaffen. Das könnte sich nun ändern.

 

Blick aus einem Auto auf ein entgegenkommendes Fahrzeug. Bild von Ferdinand Stohr auf Unsplash.
Die Gefahr fährt immer mit: Island diskutiert über mehr Sicherheit für seine Polizei. © Ferdinand Stohr auf Unsplash.

 

Nachdem isländische Polizeikräfte jüngst wiederholt in die Schusslinie geraten sind, will Justizminister Jón Gunnarsson jetzt für mehr Sicherheit sorgen.

 

Mit dem Verband der Polizeibeamten werde er daher auch über den Gebrauch von Elektroschockern sprechen, berichtete das Online-Portal Reykjavík Grapevine in der vergangenen Woche unter Berufung auf nationalen Rundfunksender RÚV.

 

Sollten künftig sog. Taser zum Einsatz kommen, werde dies aber nur unter „sehr strengen Vorgaben“ erfolgen, kündigte der Minister demnach an. 

 

In der Vergangenheit war eine Gesetzesänderung, die Polizisten das Tragen von Elektroschockern erlauben würde, wiederholt gescheitert.

 

Mehrere Zwischenfälle sorgen für Verunsicherung

 

Der Diskussion vorausgegangen sind zwei Schießereien in Reykjavík innerhalb von einer Woche, bei denen Anfang Februar drei Menschen zum Teil schwer verletzt wurden.

 

„Die Fälle standen nicht unbedingt in Zusammenhang mit organisierter Kriminalität“, betonte die Präsidentin der isländischen Polizei Sigríður Björk Guðjónsdóttir gegenüber der Tageszeitung Morgunblaðið.

 

Der Verband der isländischen Polizei äußerte sich in einer Stellungnahme gleichwohl besorgt. „Mich beunruhigt, wie einfach es offenbar ist, alle möglichen Arten von Schusswaffen nach Island einzuführen“, zitierte die Zeitung den Vorsitzenden Fjölnir Sæmundsson. Er forderte, mehr Polizist:innen und ein besseres Training.

 

Eine Einschätzung, die von der isländischen Polizeipräsidentin geteilt wird. Es brauche mehr Polizeibeamte, die eine Ausbildung und Schulung an der Polizeiakademie erhalten, so Sigríður Björk Guðjónsdóttir. Dafür habe der Justizminister entsprechende Mittel bereitgestellt.

 

Es gebe aber keine Pläne, die Polizei flächendeckend mit Schusswaffen auszurüsten, betonte Islands Polizeipräsidentin.

 

Islands Polizei trägt keine Waffen

 

Isländische Streifenpolizisten tragen in der Regel keine Schusswaffen, sondern sind mit Gummiknüppeln, Pfefferspray und Sicherheitswesten ausgestattet. Der Einsatz von Schusswaffen ist den Spezialkräften der isländischen Polizei vorbehalten.

 

Allerdings durchlaufen inzwischen alle Beamten eine Schießausbildung. In entlegeneren Landesteilen führen sie ihre Schusswaffen verschlossen im Fahrzeug mit und können diese bei Gefahr im Verzug nutzen, wenn die Spezialkräfte nicht schnell genug vor Ort wären.

 

Das Sonderkommando sei in den vergangenen Jahren immer häufiger alarmiert worden, berichtete Polizeipräsidentin Sigríður Björk Guðjónsdóttir  gegenüber Morgunblaðið.

 

Bis 2020 seien jährlich rund 200 Einsätze registriert worden. Im vergangenen Jahr seien die Spezialkräfte jedoch etwa 300 Mal herbeigerufen worden. In den meisten Fällen sei es um Straftaten mit Messern gegangen.

 

Auch die Zahl der Vorfälle mit Schusswaffen sei gestiegen: Habe es in der Vergangenheit 50 bis 65 Vorkommnisse pro Jahr gegeben, waren es 2021 schon 87. 



Kriminalität und Waffenrecht

 

Das isländische Waffenrecht gilt als strikt. Wer eine Waffenbesitzkarte oder einen Jagdschein beantragen will, darf keine Vorstrafen haben, muss eine psychologische Untersuchung und einen Eignungstest absolvieren.

 

Laut der österreichischen Zeitschrift Öffentliche Sicherheit waren im Jahr 2020 etwa 70.000 Schusswaffen in Island gemeldet. Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl seien in dem Inselstaat besonders viele Gewehre und Pistolen im Umlauf.

 

Trotz der hohen Zahl an registrierten Waffen werden diese kaum für Straftaten eingesetzt. Laut einer UN-Studie sei zwischen 2005 und 2012 keine tödliche Verletzung durch eine Schusswaffe verursacht worden. Im Dezember 2013 kam erstmals ein Mann bei einem Polizeieinsatz in Reykjavík ums Leben, der zuvor mit einem Gewehr um sich geschossen hatte.

 

Die Kriminalitätsrate in Island ist niedrig. Das Land gilt als eines der sichersten in Europa. Statistisch gesehen werden pro Jahr ein bis zwei Morde begangen.

 

Die meisten Straftaten werden im Großraum Reykjavík verübt; es handelt sich vor allem um Eigentumsdelikte und Körperverletzungen, aber auch um Suchtkriminalität, die zum Teil von organisierten Gruppen verübt wird. 


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